Category Archives: Unterwallis

Fondue im Sommer (Nachtrag)

[Ein Bild folgt … irgendwann]

Der Titel ist eigentlich schon falsch. Es ist ein Fondue im kalendarischen Sommer, auf der Cabane de Prarochet fühlt es sich mehr als Spätherbst oder Winter an.

Meine beiden Mitwanderer an diesem Wochenende versuchen gerade wieder trocken zu werden. Sie haben es am Mittag vom Col du Sanetsch nach zwei Stunden zu Drei Vierteln den Grad zum Arpelistock hinauf geschafft bis ich sie von oben kommend abgefangen habe. Eine Stunde im horizontal peitschenden Regensturm haben sie bereits auf die Knochen durchnässt. Hätte der Wind nicht so laut geheult, ich hätte das Flatschen ihrer Füsse in den Schuhen bei jedem Schritt hören können … Ein Fondue in der Cabane tut da wirklich gut, genauso wie die hilfsbereite Gardienne der Hütte, bei welcher wir die Schuhe, Socken, T-Shirts, Handschuhe und Hosen in der Küche zum Trocknen aufhängen dürfen.Nur mein Mobile lässt sich nicht mehr beleben – darum auch dieser kleine Text als Nachtrag aus dem Notizbüchlein.

Das schöne aber: weder Tina noch Thomas lassen sich durch das Wetter die Laune verderben. Schön, dass ihr zwei mit dabei seid.

10:37 Grand Gouilles: la Lune (Nachtrag)

Die Schwarzwälder Wandervögel in der Cabane des Audannes sind optimistischer als ich: “oh, es wird gegen Mittag sonnig werden”. Wenn die sich mal nicht täuschen, ich gebe mich lieber mit den ersten Sonnenstrahlen am morgen zufrieden. Sie verwandeln die Mondlandschaft mit den weissen Karstfelsen um die Hütte in silber – ein trügerischer Schein! Der Morgen riecht nach Regen.

Zügig steige ich z Le Selle auf, pünktlich auf diesem ersten Wegpunkt pläst mir ein steifer Wind ins Gesicht , zusammen mit den ersten wässrigen Schneeflocken. Noch einmal schicke ich Tina und Thomas ein sms. Sie sollten mich um 12 Uhr auf der “Arête de l’Arpille” zum Arpelistock treffen. Wenn ich mich beeile, dann erwische ich sie noch vor oder am Anfang ihres Aufstiegs zum nebelumhangenen 3000er. Das wir nämlich heute nix, ausser die beiden sins so gut gegen Regen verspeckt wie ich …

Einmal mehr ein brillantes Schauspiel der Natur: binnen Minuten ist die Sonne weg, die Landschaft gedämpft in Gaustufen. Der Abstieg ist gut gesichert, auch wenn die Leitern in der Verankerung etwas lottern. Dafür geht es rutschend und senkrecht zum Zickzack des Wanderwegs über die Schutthalden fast 1000m runter zum Seelein in der grauen Ebene der Grand Gouilles. Schnell bin ich noch einmal 30 Minuten vor dem Zeitplan. Ich hoffe, so Tina und Thomas rechtzeitig noch auf dem Col du Sanetsch abfangen zu können.

Ich bin optimistisch – genau bis zum Bächlein beim See: die Schilder des Wegweisers hängen müde alle nach unten, unmissverständlich setzt sich aber mein Wanderweg auf der anderen Seite des auf 4-5m angeschwollenen Bächleins fort. Hmmm, bachauf und backab sieht es nicht besser aus, im Gegenteil. Und den ganzen See umwandern mag ich nicht. Nun, vier gut platzierte Steine im knietiefen Bächlein müssten reichen: 20 Minuten später stehe ich endlich auf der anderen Seite – ich muss aber definitiv noch auf meiner neuen Slackline daheim übern: mein Gleichgewichtssinn ist noch nicht zirkusreif.

Bricht da wirklich die Sonne durch die Wolcken? Nein, der Hoffnungsschimmer wird umgehend im Keim erstickt. Und es sollte noch heftiger kommen an diesem Tag … aber dazu später mehr.

Nachtrag 1: ich schreibe diese Zeilen in mein Notizbüchlein, mein HTC Hero ist an diesem Tag den Heldentod gestorben. Fotografierend ist es im Matsch meiner von Schnee und Regen durchtränkten Handschuhe förmlich ersoffen!

Nachtrag 2: ein Bild vom Tag? Das folgt, sobald ich die Daten von meinem Mobilphone irgendwie gesichert resp. gerettet habe …

Wetter (ff)

image

image

image

image

Den Lac du Barage Tseuzier habe ich kaum gesehen Der Himmel hatte alle Schleusen geöffnet! Am anderen Ende der zwar kleinen, aber doch eindrücklichen Staumauer steht ein Restaurant.

Mmmh, eine Suppe, das wär’s. Ich wandere ja meist ohne Mittagessen, habe nur ein paar Nüsse dabei. Soup? Non! Immerhin ein trockenes und trostloses Sandwich wird, mir gereicht.

Draussen tobt der Sturm, es ist auch deutlich kälter geworden. Und der Wegweiser draussen zeigt bis zur Cabane 4h40, olala, ich dachte eher an 3 Stunden. Ein junges Pärchen sitzt am anderen Tisch. Sie fragen wohin ich möchte. Audannes? Oh, da würden sie mir abraten. Sie wollten dorthin, waren bereits beim Lac Téhénet. Es tobe ein Sturm, Schnee liege auf dem Pass, siehe gehen runter, umfahren das Gebiet mit dem Taxi, ob ich mitwolle. Hmmm, ich nehme das erzählte schon ernst, gehe noch einmal über meineb Plan.

Zeitplan? Umkehrpunkte? Plan B? Ich rufe bei der Hütte an, frage nach dem Wetter und dem Zustand des Weges. Melde meine Ankunft. Tina erhält meine genaue Wanderroute. Ich gehe los, nehme den sicheren Weg über Les Rousses, dort die weniger exponierte Route durch das Tälchen. Allein bin ich noch einmal eine Stufe defensiver, ich habe am morgen erlebt, wie schnell das Wetter noch schlimmer werden kann.

Knapp 3h später bin ich bereits in der Hütte. Ein wunderbarer Aufstieg. Steil, aber definitiv ein Erlebnis … und oben wie bestellt zur Belohnung eine Herde von gegen 25 Steinböcken …

10:37 Mondralèche: Wetter, juhee!

image

Ich habe in weiser Vorahnung die Regenhose und die Regenjacke heute morgen zuoberst im Rucksack verpackt. Ui, es hat sich gelohnt.

Ich habe ja “Wetter” sehr gern. Und heute bin ich auf volle Rechnung gekommen. Die ersten minuten zum Cry d’Er waren noch Trocken, ein altes Lifthäuschen hat dann als Umkleidekabine herhalten müssen.

Mit dem anfänglichen Nieselregen ist der Abstieg Richtung Lens so richtig schlüpfrig geworden. Aufgepasst, Tina würde jetzt “Fräulein Konzentration” aufbieten!

Und dann beginnt das grossartige Spektakel. Nebel lauert in den Halden. Binnen Sekunden dreht der Wind, auf einen Schlag wird dunkel, die Sicht ist noch ein paar Meter. Wow, das ist cool! … zumindest solange der Weg gut ist.

Einen Moment später bläst’s wieder von der anderen Seite … und Regen peitscht über die Weise, das sogar die Kühe die Köpfe einziehen. Hightime für mein an Sonnentagen meist belächeltes, heute von den wenigen Wanderern aber beniedenes (oder beneidetes?) Lieblingsstück: meinen Trekkingschirm, stormproof! Und gestürmt hat es in der Tat! Klasse!

10:37 Plammis: Juhui

image

Es war noch herbstlich frisch, als ich heute früh in Leukerbad los marschiert bin. Die Beine – nach dem Ruhetag von gestern wieder 5 Jahre jünger und übermütiger – schreiten zügig bergan. Es tut gut, wieder auf dem Weg zu sein, auch wenn ich jede Möglichkeit nutze, diesen querfeldein durch die taufrischen Wiesen abzukürzen. Nach einer guten erstem Stunde bin ich beim “Pfarschong” aus dem Leuker Seitental. Es öffnet sich schlagartig ein gewaltiges Panorama vor mir. Juheee! Diesen Juchzer lass’ ich mir nicht nehmen.

Es sind aber nicht nur die gewaltigen Berge, welche mich immer wieder anhalten lassen. Es kreucht und fleucht links und rechts. Ein Frosch im Bächlein, ein ganzes Grillenorchester in der Alpwiese, Eidechsen auf den warmen Steinplatten und von fern hie und da ein spitzer Munggenpfiff.

Ich hatte mir vorgenommen, heute nicht wieder dem “Multitasking” zu verfallen. Wandern, Fötelen, Nachdenken, Aufsaugen, Planen, Trinken, Orientieren, und und und. Eins nach dem anderen, einfach der Nase nach wandern, nach Lust und Laune hier oder da durch, und auch einfach mal innehalten. Klappt schon gut 🙂 – der herrliche Spätsommertag macht es mir aber auch einfach … ausser vielleicht das mit dem laufenden Fotografieren … oder mit der Planerei fürs Wochende (ein zweites “juhui”) … oder dem regelmässigen Trinken (dank Camelbag schaffe ich jetzt auch mehr als einen minimalen Liter am Tag) … oder orientieren (mein Tagesziel fehlt auf den Wegweisern, ein gelegentlicher Kontrollblick auf die Karte schadet da nicht) … aber abgesehen davon bin ich schon recht gut, einfach das Wandern uneingeschrenkt und von Herzen zu geniessen :-).

Übrigens, heute bin ich über die Sprachgrenze. Auf der walliserdeutschen Varneralp käsen eine Walliser Bãuerin und eine Deutsche Israelin aus Ravensburg, bei Tièche schmettert schon Jonny Haliday aus dem Transistorradio …

vom schönsten

image

Was für ein Tag, was für ein Panorama!
Mein Vater hat einmal gesagt, die Tour von der Kummenalp via Rinderhütte nach Leukerbad sei eine Pracht! Ich erinnere mich an diesea Alpenpanorama als ich vor Jahren ein Osterwochenende mit Tourenskis auf der Gemmi war.

Aber im Sommer? Leider war es vorgestern meist bedeckt, weshalb ich “untenrum”, d.h. auf ca. 1500müM nach Leukerbad bin. Umsogrösser dann heute das Staunen. Ich konnte mich den ganzen Tag kaum an den wie Perlen an einer Kette aufgereihten Gletscherbergen sattsehen: ganz links das Bietschhorn, dann die Gipfel über dem Binntal, dann die Walliser Klassiker vom Alphubel und Dom über die Monte Rosa Gruppe bis  Bieshorn und Weisshorn zu Zinalrothhorn, Gabelhorn, Matterhorn und Dent Blanche, weiter zur Pigne d”Arolla, Grand Combain, Mont Blanc ind wie sie alle heissen. Einfach alle die wunderbaren Gipfel im blauen Himmel.

Gaby, eine Walliserin hat auf Facebook so “vum Herrgott” und seiner Schöpferarbeit erzählt:
“… Da bi denä grossä Tschuggä,
daschiint mär där Alpuchranz no bitzli z’luggä.
Da tüemer jetzt na eppis drii,
wa z’schönschta va allum of Ärdu wird sii…”

Treffender kann man’s kaum sagen, oder?

PS: am schönsten hat sich das Weisshorn präsentiert, halbseitig schwarz, halbseitig weiss. Ein Traum von Berg. Schön zu sehen auch die Gipfel, welche ich dieses Jahr mit Thomas besteigen durfte, das Nadelhorn mit Balfrin und Bigerhorn neben dem Dom und die Signalkuppe hinter der Dufourspitze. Thomas, danke für diese wunderbaren Tourentage!

10:37 LeukerBAD: blubber

image

Vermutlich kennt man mich in Leukerbad schon. Den Barfussgänger im ausgewaschenen Wander T-shirt und den Shorts mit Kettenölflecken. Jetzt noch auffälliger: seit heute Vormittag hat er eine neue, knallige limegrüne Badehose!

Ich habe mich mit Weltwoche und MacWelt ausgerüstet und fürs Thermalbad Lindner und gegen das Burgerbad entschieden. Saunalandschaft statt Sportbecken, Sprungturm und kreischenden Wasserrutschen. Erholung und Regeneration. Hmm, vielleicht hätte mir schwimmen ja besser getan als sorgsam vordemonstriertes, schlafwandlerisches Laufen im Thermalbad, welches mit Kopfschütteln tadelt, wenn ich nicht regelkonform die Treppe für das Bad brauche … :-).

Immerhin ist es der Ordnung wegen nicht erlaubt, die “Liegen mit Handtüchern zu reservieren”. Richtig so, wir sind ja nicht in Mallorca am Strand.

So lese ich gemütlich in den meinen Welten über Schafe am Gemmipass in meinem Rücken und dem bösen, inzwischen toten Wolf, von Sägemehl und den bösen Schwingerbuben, von neusten 12 Core MacPros und bösen Windowsrechnern … Ach ja, und ich ziehe beruhigend die frische Alpenluft mit geschlossenen Augen tief durch die Lungen, Erholung ist angesagt … auch wenn ich mich schon wieder auf die ersten Schritte morgen im frischen Alpentau freue …

PS: Deformation professionell? Aber ich kann’s nicht lassen mir auch an diesem Ort als Kunde ein paar Gedanken zu machen:

Leukerbad liegt eindrücklich in einer monumentalen Bergwelt. Heisses Thermalwasser sprudelt aus dem Fels, dramatisch-natürlich die schroffe Bergwelt, erfrischend klar der Blick ins Tal und den stahlblauen Himmel. Wie schön erholsam ist es doch nach einem aktiven Tag auf der Piste, in den Bergen oder beim Kurspaziergang im Dorf in dieser Badewelt zu entspannen. Ein “landschaftlicher Assets” um welcher jedes Stadtbad froh wäre. Nur, was hat bloss die Erbauer des Bades bewogen, die Liegeterrasse und die Sprudelliegen so anzulegen, dass man nur die biedere Hotelfassade mit 80er Jahre Charme im Blickfeld hat? Für einen Blick ins offene Tal gegen Süden kann ich mich gerade noch verrenken, die Abendsonne im Westen wird mir aber nicht vergönnt sein … ausser sie spiegelt  sich wunderschön in der Hotelfassade!

Und das Bistro? Es ist geschickt auf der schattigen Hinterseite des Hotels versteckt, verweigert dem Gast nicht nur ein einziges Tischchen an der frischen Luft oder gar in der Sonne, sondern auch jegliche Lust an der umsatztreibenden Konsumation. Oder entsprechen mittägliches Essen und Trinken nicht dem Gesundheitsregime der Kur … und wird deshab Abends übergewichtig bei Pizza und Bier kompensiert.

PPS: entlastend muss wohl gesagt werden, dass ich mit meinen jugendlichen 40 Jahren nicht zum Zielpublikum des Etablissements gehören mag. Obwohl, haben nicht selbst die heutigen, nordic walkenden, golden years Senioren die “Oberkrainer und Glenn Miller zum Nachmittagstee” irgendwann überlebt?

PPPS: … keine Angst, ich geniesse den erholsamen Tag im Bad dennoch sehr!

Update, 18h: der Saunabereich ist heimelig gestaltet und hat sogar einen Ruhebereich mit Bergsicht …

10:37 Jeitzinen: auftanken

image

Durchschnaufen. Richtig durchschnaufen, die Lungen tief füllen. Die Sinne aktivieren. Auch einmal an einem Baumstamm riechen. Pilze abtasten und am Wegrand durch Grashalme streichen. Heute muss ich mich auftanken.

Schnell habe ich am morgen für den Aufstieg hoch übers Rhonetal zwar den Trott gefunden. Aber meine Beine und auch der Kopf sind schwer, ein paar Wehwehchen tun das ihre dazu. Und es werden wohl auch heute sieben Stunden werden … auch wenn, oder gerade weil, ich den unteren Weg nach Leukerbad einschlage.